– wie wir das Zusammenleben in Corona-Zeiten einfacher machen können.

Die Corona-Zeit ist eine Zeit voller Herausforderungen für gemeinschaftliches Zusammenleben. Eltern und Kinder, die ohne Schule, Kita oder das Büro ihren Alltag in einer Wohnung strukturieren müssen. Partner, die jetzt rund um die Uhr zuhause sind. Angestellte, die ohne die sonst gewohnten Bürostrukturen und KollegInnen ihre Arbeit zuhause erledigen sollen, aber mit dem Stress der Familie um sie herum.
So schön Gemeinschaft sein kann, so sehr kann sie auch zu Stress und Auseinandersetzungen führen. Wir erleben 24 Stunden am Tag an sieben Tagen die Woche Menschen mit ihren liebenswerten und mit ihren anstrengenden Seiten.
Wie kann man diese Zeit so gestalten und nutzen, dass nicht ausschließlich die Schwierigkeiten und Defizite im Vordergrund stehen? Wie kann diese Zeit zu einer Zeit werden, die dazu führt, dass wir uns entwickeln und uns nicht nur daran aufreiben, was uns stört oder stresst?
Eine Möglichkeit ist es, sich zu überlegen, wie man diese Wochen und Monate des engen Zusammenlebens nutzen könnte, um gute neue Verhaltensweisen einzuüben. Das geht auf unterschiedlichen Ebenen:
o Verhaltensweisen, die mir selbst guttun
o Verhaltensweisen, die meiner Partnerschaft guttun
o Verhaltensweisen, die der Alltagsgestaltung mit den Kindern guttun.

Unser Verhalten – was die Wissenschaft sagt
Die Verhaltenswissenschaft hat wesentlich dazu beigetragen, besser zu verstehen, was menschliches Verhalten beeinflusst und wie es zu Verhaltensänderungen kommen kann. Unser Verhalten wird maßgeblich durch drei Faktoren bestimmt: Zum einen spielt unsere Umgebung, in der wir uns befinden und die darin möglicherweise vorhandenen Auslösereize eine wesentliche Rolle. Zum zweiten spielt der Schwierigkeitsgrad des Verhaltens eine Rolle. Wenn ein Verhalten möglichst schnell, einfach und reibungslos durchzuführen ist, ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass wir das Verhalten durch-führen, wie wenn es uns Mühe kostet, aufwendig und umständlich ist. Schließlich spielen unsere Gefühle, die wir während oder nach dem Durchführen eines Verhaltens empfinden, eine zentrale Rolle. Erleben wir positive Gefühle bei bestimmten Verhaltensweisen, werden wir auch in Zukunft das Ver-halten durchführen. Erleben wir hingegen negative Gefühle, sind wir eher geneigt, diesen Verhaltensweisen auszuweichen.

Verhaltensänderungen herbeiführen – wie geht das?
Wir können uns überlegen, wie wir unsere Umgebung so gestalten können, dass sie das neue, gewünschte Verhalten fördert. Dabei hilft folgende Frage: Wie muss ich meine Umgebung gestalten, dass ich das gewünschte Verhalten leichter durchführen kann und mich im Alltag auch daran erinnere? Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Wenn Sie und ihre Familie in diesen Wochen sich gesund ernähren wollen, dann könnte eine gewünschte Verhaltensänderung sein, weniger Snacks zu essen. Dazu ist es hilfreich, wenn sie ihre Umgebung so gestalten, dass beispielsweise nicht Snacks offen sichtbar in der Wohnung herumliegen, so dass man ständig an Snacks erinnert wird. Oder es könnte hilfreich sein, beim Einkauf einen Bogen um das Snack-Regal zu machen.
Hilfreich ist es, neue Verhaltensweisen an bereits etablierte Verhaltensmuster anzuknüpfen. Schließen Sie Ihr neues gewünschtes Verhalten an eine Tätigkeit und Gewohnheit an, die Sie ohnehin täglich durchführen. Beispiel: Wenn Sie morgens das erste Mal das Wohnzimmer/Esszimmer betreten, könnten Sie es sich zur Gewohnheit machen, erst einmal das Fenster zu öffnen, um den Wohnbereich zu lüften. Diese Verhaltensweise ist einfach durchzuführen, kostet auch nicht viel Zeit und lässt sich problemlos an eine etablierte Gewohnheit (ich betrete jeden Morgen das Wohnzimmer) anknüpfen.

Gewohnheiten – für mich selbst
Überlegen Sie, welche neue Verhaltensweise und gute Gewohnheit in diesen Wochen Sie gerne einüben möchten. Wollen Sie mehr Gelassenheit? Wollen Sie Ihre Beziehung zu Gott vertiefen? Wollen Sie körperlich fitter werden?
Hier einige Beispiele, wie Sie das umsetzen könnten:
Gelassenheit: Wenn Sie feststellen, dass Sie gestresst sind, treten Sie ans Fenster oder auf den Balkon und atmen Sie drei Mal richtig tief durch.
Beziehung zu Gott: Wenn Sie die Kaffeemaschine einstellen, halten Sie einen Moment inne und sprechen ein kurzes Gebet (laut oder leise).
Körperliche Fitness: Wenn Sie Ihre Zähne geputzt haben, machen Sie fünf Kniebeugen.

Gewohnheiten – für meine Partnerschaft
Fragen Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner, was das Zusammenleben mit Ihnen gerade leichter machen würde oder welche Ihrer Verhaltensweisen anstrengend sind. Vielleicht ist es Ihre Gewohnheit, abends ihr Weinglas nicht in die Spülmaschine zu räumen? Vielleicht lassen Sie Ihre Schmutzwäsche auf dem Boden liegen? Vielleicht äußern Sie viel Kritik und äußern wenig Lob und Anerkennung? Überlegen Sie, welchen kleinen Schritt Sie tun könnten, um das Zusammenleben in Ihrer Partnerschaft erfreulicher zu gestalten.

Beispiele zur Umsetzung
Das benutzte Weinglas: Nachdem ich abends den Fernseher ausschalte, greife ich zum Weinglas und räume es in die Spülmaschine
Schmutzwäsche: Wenn ich meinen Pyjama anziehe, nehme ich die Schmutzwäsche und werfe sie in den dafür vorgesehenen Korb
Kritik: Nachdem ich mich an den Esstisch mit meiner Partnerin/meinem Partner setze, sage ich etwas Positives/Anerkennendes oder einen Dank an sie/ihn.

Gewohnheiten im Umgang mit den Kindern
Auch das enge Zusammenleben mit den Kindern kann zu Stress und Konflikten führen. Darum ist es wichtig, gemeinsam zu überlegen, wie sie das Zusammensein in einer Weise gestalten und strukturieren können, damit die unterschiedlichen Bedürfnisse berücksichtigt werden. Setzen Sie sich mit ihren Kindern zusammen und überlegen Sie, was das Zusammenleben gerade anstrengend macht und was es gut macht. Stressig könnte sein, wenn Sie keine Zeiten haben, in denen Sie während Ihrer Home-Office-Zeit nicht von ihren Kindern unterbrochen werden. Konfliktreich könnte es auch werden, wenn Ihr Kind (und Sie) die Schulaufgaben nicht versteht, weil die Anweisungen nicht klar sind. Anstrengen wird es dann, wenn die Kinder nicht ihr Zimmer aufräumen wollen.
Hier einige Beispiele, um den Umgang miteinander etwas einfacher zu machen:
Unterbrechungen im Homeoffice: Wenn ich im Homeoffice ohne Unterbrechung einige Zeit arbeiten möchte, stelle ich ein kleines Schild auf (oder hänge es an die Tür), das signalisiert, dass ich gerade nicht unterbrochen werden möchte.
Komplizierte Schulaufgaben: Wenn mein Kind und ich die Anweisungen für die Schulaufgaben nicht verstehen, vereinbaren wir eine Uhrzeit, zu der wir dem Lehrer oder der Lehrerin eine Mail mit unseren Fragen schreiben.
Unaufgeräumtes Zimmer: Wenn mein Kind nicht sein Zimmer aufräumen möchte, stellen wir eine Stoppuhr für drei Minuten und schauen, wer es schafft, in dieser Zeit mehr Bauklötze in einen Karton zu räumen.

Redaktion EFA-Stiftung

Notes 1) Nachzulesen und ausführlich dargestellt beispielsweise in:
Fogg, B J. „Tiny habits. The small changes that change everything.” 2019.
Wood, Wendy. “Good Habits, Bad Habits: The Science of Making Positive Changes That Stick.”2019.

Informationen

Autor/in: Friedrich AstKategorien: Erziehung, FamilieKommentare: 0

Veröffentlicht am

29. April 2020

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